Agiles schätzen akademisiert

Agiles schätzen akademisiert

Ich war gestern auf einem Scrumtisch und da kam wieder mal das liebe Thema schätzen auf. Da bin ich ja kürzlich auch hier drauf eingegangen im Artikel „Schätzen ist wertvoll, Schätzungen sind es nicht“. Das ist ein Satz der da auch wieder viel Anklang gefunden hat. Was ich bei den Gesprächen rund um das schätzen in agilen Kontexten immer wieder feststelle ist, dass jedem wichtig ist genau zu definieren, was denn jetzt ein Story Punkt ist. Also wie komplex, aufwändig, risikobehaftet, … ist denn jetzt genau ein Story Punkt. Oder eben eine kleine, mittlere oder große Story. Das bricht dann immer in eine Diskussion aus, was jetzt genau Komplexität einer Story ist und welche Elemente da zu berücksichtigen sind.

Ganz ganz häufig kommt es dann zu dem Beispiel einer Aufgabe, etwas abzutippen. Wenn das jetzt ein Story-Punkt bekommt, wie sieht es dann mit 100 mal das gleiche abtippen aus? Story-Punkte sollen ja irgendwie auch Komplexität ausdrücken und wirklich komplexer ist die Aufgabe ja nicht. Hört doch bitte einfach auf damit das so zu akademisieren. Ich glaube ein wesentlicher Punkt ist, das wir keinen Namen für das haben, was wir da schätzen. Es ist eben nicht Komplexität im Sinne von Komplexitätstheorie. Da spielen ganz viele Faktoren eine Rolle.

Dabei ist es überhaupt gar nicht wichtig, dass wir eine universell einheitliche Definition von einem Story Punkt oder der Komplexität eines solchen haben. So war agiles Schätzen (= relatives Schätzen) auch überhaupt nie gedacht. Die Schätzungen im agilen Kontext sind eine Lösung für Teams gemeinsam ein Gefühl dafür zu bekommen, wie gut sie eine gewisse Anforderung handhaben können und darüber sprechen zu können. In Scrum, wo das relative Schätzen ja so populär ist, ist es einfach eine Möglichkeit für das Team, vor dem Sprint ein Gefühl davon zu bekommen, ob das was sie sich vornehmen in ein Sprint passt. Die Betonung liegt auf Gefühl. Es sind tendenziell echt komplexe Umgebungen. Sie wissen nicht wirklich ob das passt. Sie wollen nur ihre Erfahrungen abgleichen und nutzen dafür eine Praktik, die wir eben relatives Schätzen nennen.

Es soll ja gerade nicht überlegt werden, wie das genau umzusetzen ist, sondern eben per Gefühl schnell relativ eingeschätzt werden. Das können wir Menschen einigermaßen gut (im Gegensatz zu absoluten Schätzungen). Wenn wir jetzt diese Zahlen akademisieren und versuchen logisch zu begründen, führen wir das mit dem Gefühl ja ad absurdum. Dann müssen sich die Leute auch wieder für ihr Gefühl rechtfertigen. So ist der nicht gedacht.

Bitte überlasst den Teams selbst, was genau alles in ihre Schätzungen einfließt. Wenn sie damit häufig daneben liegen, haben sie dann ja die Möglichkeit aus dieser Erfahrung zu lernen und das dann anzupassen. Vorsichtig musst du nur sein, wenn sie absolut statt relativ schätzen, denn da wissen wir halt, dass das nicht funktioniert – nur das ist ein anderes Thema.


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